Most zum Dinner, oder soll es doch Wein sein?
Und das vor dem Hintergrund, dass Most über Jahrhunderte in den Ländern der Donaumonarchie als Arme-Leute-Getränk bekannt und ja auch beliebt war. Diejenigen, die es sich leisten konnten, tranken lieber Wein. Dies ist im Grossen und Ganzen bis heute auch so geblieben. Völlig zu unrecht, wie unsere ambitionierten Mostproduzenten so gerne behaupten!
Wir traten also an, die These der Gleichwertigkeit von Wein und Most auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Wir, das sind Bernhard Datzberger, seines Zeichens Mostbaron zum Seppelbauer und leidenschaftlicher Mostbauer, Dietmar Bayerl, Servicechef und Headsommelier in der Kothmühle, meine Gattin Christiane und ich. Ergänzend sei erwähnt, dass auch wir mit unseren beiden Hotels Mostbarone sind und auch selbst Obstbrände erzeugen, allerdings keinen Most.
Die These der Gleichwertigkeit von Wein und Most wurde auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft.
Nach einem wunderbaren Potpourri an Mostviertler Aperitifs, vom Birnenschaumwein über Most mit Melonie bis zu Apro-Brous und Birnenzauber ging es nun also zu einem von unserem Küchenchef Wolfgang Draxler wunderbar zubereiteten Menü, um das Selbstbewusstsein unserer Barone eine wenig heraus zu fordern!
Das Broccoli-Tatar
Den Anfang macht ein Broccoli-Tartar mit Lachsforelle und Granatäpfeln als Vorspeise. Unser Servicechef Dietmar Bayerl wählte dazu einen Tement Sauvignon blanc 2021 als Weinbegleiter. Er war trotz starker Mineralik wenig aufdringlich und erinnerte uns in der Nase an Stachelbeeren und grüne Paprika. 'Wein würzt die Speise und Speise den Wein' wußte unser Sommelier anzumerken. Konnte dem tatsächlich ein Most gewachsen sein?
Mostbaron Bernhard Datzberger servierte dazu seinen Baronmost aus reiner Speckbirne. Dieser zeigte eine jugendliche Frische bei geringer Säure und leichter Süsse. Mit 17 Gramm Restsüße passte er überraschend gut zu den Granatapfelkernen des Broccoli-Tartars. Laut Bernhard sei er auch ideal für Vorspeise und Fisch.
Der Baronmost passte überraschend gut zu den Granatapfelkernen des Broccoli-Tartars.
Wir alle waren sehr angetan, wie gut beide, also Wein und Most, mit der Vorspeise harmonierten ohne miteinander in Konkurrenz zu stehen.
In seiner Überzeugung, dass der Most dem Wein in keiner Weise nachsteht, hat uns Bernhard gleich noch einen zweiten Birnenmost zur Vorspeise kredenzt, der uns ebenfalls Freude bereitete. Es war ein Jungspund aus Dorschbirne, der mit Paprika-, Brennessel- und Zitrusnoten überzeugte, ebenfalls halbsüß mit einer kleinen Mousse. Der Abend begann schon mal richtig Spaß zu machen!
Apfel-Karottenschaumsuppe mit Ingwer
Als Suppe wurde uns eine Apfel-Karottensuppe mit Ingwer serviert. Der Riesling Tontauben von Seher aus Retz erweist sich hier als wunderbarer Begleiter zu dieser würzigen Cremesuppe.
Der Riesling Tontauben von Seher aus Retz erweist sich als wunderbarer Begleiter zur Apfel-Karottensuppe.
Dem wurde der Brous, unter den drei Gourmetmosten der mildeste, gegenübergestellt. Das Cuvee aus Speck- und Stieglbirne, halbtrocken ausgebaut mit wenig Säure, konnte der Suppe leider nicht Paroli bieten. Auch wenn er vielfach preisgekrönt ist, mag er gut zu Schafkäse und ähnlich milden Gerichten passen, hier war er jedoch eine denkbar schlechte Wahl.
Das konnte unser Mostbaron natürlich nicht auf sich sitzen lassen und bot mit einer grünen Pichlbirne eine kräftigere Variante an, die auch wesentlich besser passte. Nichtsdestotrotz, in der Kategorie Suppenbegleiter musste Wein zum klaren Sieger erkoren werden.
Schweinsfilet im Mostteig...
... am Natursaft wurde als Hauptgang geboten, samt glacierten Karotten und Rösti. Vom Wein her also keine klare Empfehlung, ob weiß oder rot. Was machen wir also? Wir müssen beides probieren.
Als Hauptgang wurde Schweinsfilet im Mostteig serviert.
Als Weißwein nehmen wir einen Grüner Veltliner Smaragd von Lagler, der mit 14,5% Alkohol sehr gehaltvoll ist. Leider hatten wir ihn viel zu früh eingeschenkt und uns mit vorbeischauenden Freunden fürchterlich vertratscht, weshalb der Wein beim Verkosten etwas zu warm war. Schade für diesen wunderbaren Tropfen, der dem Schwein trotzdem alle Ehre machte! Als rote Alternative wählte Dietmar den Terra O von Silvia Heinrich. Dieses Cuvee machte uns zu diesem Gericht noch größere Freude.
Auch wenn wir diesmal schon zwei Weine probierten, durfte Most dennoch nicht fehlen. Auf mein Drängen wählten wir den Exibatur, den kräftigsten unter den Gourmetmosten. Er ist ein Cuvee aus Dorschbirne und Grüner Pichlbirne, ist extra trocken ausgebaut mit großem Körper und schönem Säurespiel. Nicht umsonst gilt er unter Insidern als König der Moste. Er stand den Weinen um nichts nahe und war sofort unser Favorit!
Das Best von der Schokolade
Auch wenn ich kaum mehr etwas konsumieren konnte, ließ unser lieber Mostbaron nicht locker und servierte einen Baronmost 'Speckbirne' aus 2014, der sich wie eine Spätlese trank. Die Frische der Birne nach all diesen Jahren hat uns förmlich umgeworfen. Was für eine Wucht, die Verzückung war meiner lieben Frau ins Gesicht geschrieben!
Zum Dessert servierte Bernhard Datzberger einen Baronmost aus 2014.
Als Alternative dazu ließ Dietmar von Feiler-Artinger ein Quartett Spätlese aus 2009 servieren, das ebenso gut mit der Schokolade harmonierte. ...nicht ohne darauf hin zu weisen, dass süssere Weine wie Trockenbeerenauslese besser ohne Dessert getrunken werden.
Was ist nun also die Conclusio?
Wein schmeckt, keine Frage. Aber dass Birnenmost als Speisenbegleiter dermaßen Freude bereiten kann, ist immer wieder aufs Neue eine Überraschung, auch für uns! Und ja, Most hat in etwa nur halb so viel Alkohol wie Wein, was mehr dem Trend unserer Zeit entgegen kommt. Allerdings kann ein Glas Wein und ein Glas Most zu jedem Gang die Fahrtüchtigkeit ganz schön auf die Probe stellen!
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Fotocredits:
www.weinfranz.at