"Des Schwoaze Zeig Siacht Uns Ned Au"
Hildegard und Ernst Streißelberger produzieren seit 24 Jahren Kürbiskern-Produkte in Neuhofen an der Ybbs mit 3,5-4 Hektar Anbaufläche für Ölkürbisse und wurden bei der „Öl-Kaiser 2016“ Prämierung auf der Ab-Hof Messe in Wieselburg mit „Gold“ gekürt. Sie führen mit den Eltern von Ernst und Unterstützung ihrer drei Kinder einen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb und produzieren unter anderem auch Mais, Raps, Getreide und Speisekürbisse. Seit 2005 beliefern sie das RelaxResort Kothmühle in Neuhofen an der Ybbs und mittlerweile nun auch das Schloss an der Eisenstrasse in Waidhofen an der Ybbs. Ihre Speisekürbisse landen auf dem Tisch und ihr Kernöl und die Knabberkerne sind in den Mostviertler Minibars zu finden.
Was hat Kürbiskernöl im Mostviertel verloren?
Ich bin ja ursprünglich aus Fladnitz an der Teichalm in der Steiermark und habe damit schon eine gewisse Verbindung zum Kernöl. Anfang der 90er haben wir in Neuhofen angefangen, Kürbisse zu pflanzen. Für den Eigenbedarf. Die haben wir noch mit der Hand „ausgepatzelt“. Die Leute haben uns immer wieder gefragt, woher wir die herhaben und ob wir noch welche übrig hätten. So hat sich das mit dem Kürbisanbau ergeben.
War der Kürbis bei Euch in der Familie damals schon ein großes Thema?
Am Anfang war das Kernöl noch nicht allen ganz geheuer. Bei den Familienfeiern hat es zuerst geheißen: „des schwoaze Zeig siacht uns ned au“ und ich musste tatsächlich zwei Salate machen – einen mit und einen ohne Kernöl. Es hat sich aber dann doch bald bei allen durchgesetzt.
Wer sind Eure Kunden?
Also grundsätzlich einmal die Leute aus der Umgebung. Die Kothmühle war 2005 unser erster größerer Abnehmer in der Region. Heute beliefern wir viele verschiedene Wiederverkäufer und Gastronomiebetriebe, noch immer hauptsächlich regional, wie auch jetzt das Schloss an der Eisenstrasse. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie zum Beispiel das Palmenhaus im Wiener Burggarten.
Wie stehst Du zu Halloween?
Halloween geht an mir vorüber – es war bei uns bis jetzt nie wirklich ein Thema, auch bei unseren Kindern nicht. Wir begehen unsere traditionellen Feiertage.
Aber gibt es da nicht zusätzliche Kürbisbestellungen?
Doch, das schon. Es kommt zum Beispiel vor, dass die Pfadfinder welche bestellen zum Schnitzen. Mir ist es wichtig, dass sie dann auch den gesamten Kürbis weiterverwenden.
Ernst und Hildegard Streißelberger vor der Haustüre
In den letzten Jahren gab es viel Misstrauen rund um die österreichische Kürbisölproduktion. Einigen Betrieben wird vorgeworfen, Kerne aus Rumänien, Ungarn, oder China zuzukaufen und als „echtes steirisches Produkt“ zu vermarkten. Wie geht Ihr mit diesen Vorwürfen um?
Die Ölmühle Leopold in Deutschlandsberg ist unser Partnerbetrieb, der unsere Kerne presst. Sie nehmen auch kleinere Mengen ab und wir können bei ihnen sicher sein, dass nur unsere eigenen Kerne für unser Öl verarbeitet werden. Wenn wir um 8 Uhr anliefern, können wir das Öl um 15 Uhr bereits wieder abholen – und das mit einer Top-Qualität.
Wie viele Kürbisse benötigt man für eine Flasche Kernöl?
Für einen Liter Kürbiskernöl braucht man 2,5 Kilo Kerne – das sind zwischen 25 und 40 Kürbisse, stark abhängig von der Witterung. Eine Charge Kernöl umfasst bei uns 150 Liter.
Was passiert mit dem Rest vom Kürbis?
Bei den Ölkürbissen lassen wir das Fleisch der Kürbisse auf dem Acker zurück. Das ist ein guter Dünger.
Heutzutage gibt es viele Quereinsteiger_innen in der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie, und auch viele Aussteiger_innen. Wie romantisch ist für Dich die Landwirtschaft?
Wir sind gerne selbstverantwortlich und selbstständig. Aber im Grunde geht es schon darum, das täglich Brot auf den Tisch zu bringen. Wir produzieren auch Mais, Raps und Weizen. Wir arbeiten für den Maschinenring. Mein Mann ist noch dazu Landwirtschaftslehrer für Pflanzenbau. Es ist gut, wenn man überall ein wenig „den Fuß in der Tür“ hat.
Könntet Ihr von der Landwirtschaft allein leben?
Nein, wir sind Nebenerwerbsbauern. Heutzutage muss man sich als Vollerwerbsbauer entweder spezialisieren, oder große Mengen liefern können – das wollen wir nicht.
Und trotzdem macht es Spaß?
Wir tun viele Dinge, weil wir es gerne machen. Ein Beispiel: Wir haben Gemüsegartl und Kartoffelacker vor der Haustüre, damit wir das Gemüse nicht im Supermarkt einkaufen müssen. Wir haben für den Eigenbedarf Hühner und Schweine, die wir auch selbst schlachten und zerlegen. Das Zerlegen habe ich gelernt, aber es ist heutzutage selten, dass jemand das selbst machen kann. Auch Opa und Oma und unsere Kinder helfen kräftig mit – jeder das, was er kann und mag.
Wann stehst Du in der Früh auf?
Das ist sehr unterschiedlich und sehr saisonal. Im Winter ist es natürlich ruhiger als jetzt in der Erntezeit, wo wir voll eingespannt sind. Es ist natürlich viel Arbeit, aber ich bin flexibel. Unsere Tiere verzeihen mir auch ein Frühstück um halb 9.
Was ist der Kürbis für Dich?
Der Kürbis ist eine vielfältige Frucht (Anm. d. Red.: Augen leuchten). Es ist eine „Kreislaufpflanze“: Durch das Düngen mit dem Kürbisfleisch nimmt man etwas und gibt aber auch etwas zurück.
Was ist Dein größtes Ziel?
Mein größtes Ziel ist, dass wir auskommen und Freude an unserer Arbeit haben.
Wie findet man Euch?
Bei „So schmeckt Niederösterreich“ und „Gutes vom Bauernhof“ sind wir Partnerbetrieb. Besonders die Mundpropaganda in der lokalen Gastronomie bringt viele direkt zu uns zum Hof.
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Der Entremetier der Kothmühle Daniel Zellhofer kreierte aus den Kürbissen von der Familie Streißelberger eine leckere Kürbis-Spinat Lasagne.
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Künstler Erwin Kastner aus Haag gestaltete die farbenfrohe Etikette des Kürbiskernöls
Fotocredit: Alle Fotos bis auf Erntemaschine und Feld mit vielen Kürbissen: Bernhard Scheiblauer
Restliche Fotos: Familie Streißelberger